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B u c  h - R e z e n s i o n  z u:


Udo Di Fabio

CORONABILANZ

Verlag C.H. Beck, 2021


Wer danach fragt, ob sich angesichts einer Pandemie die Demokratie, ihre „institutionellen Grundlagen“ sich bewährt hätten, den interessiert nicht, wie die Demokratie ihr rechtliches Instrumentarium zielgerichtet zu dem Anliegen der Abwehr einer nationalen und internationalen Seuche einsetzt, sondern für den lauert hinter einer notstandsmäßigen Verwaltung einer demgemäßen Lage, ob sich da demokratiewidrig was „zu verschieben" drohe.

Deswegen schließt sich auch für einen schon vom Beruf her begründeten demokratischen Rechtsfanatismus die deplatzierte Frage an, ob die schönen Grundrechte als „Schönwettergarantien“ enttäuscht hätten, die im Notstand einfach beiseite geschoben würden: hier wird falscher Gegensatz von Demokratie und Notstandsverwaltung gemacht; die Demokratie höchstselbst hat für nationale Gefahrenlagen längst die notwendigen Vorkehrungen getroffen, noch ehe davon was in Sicht wäre. Dabei wird nichts „einfach beiseite geschoben“, sondern das vom Rechteverehrer so gepriesene demokratische Leben ein wenig umgemodelt, nämlich den staatlich definierten Erfordernissen einer Pandemiebekämpfung zeitweilig subsumiert: all die Rechte, die mit einem lebhaften kapitalistisches Standortleben einhergehen, haben nämlich aus Sicht eines Notstandsverwalters das nun Störende an sich, dass es das Weitertragen eines Virus beflügelt und damit die volksgesundheitliche Substanz aller funktionierenden kapitalistischen Benutzungsverhältnisse zu untergaben droht.

Der Autor entdeckt erst angesichts einer Pandemie ein Anwachsen des „Gewichts des Staates“, „weitreichende Eingriffsmaßnahmen“ desselben: als ob nicht das ganz normale zivile Dasein des demokratischen Kapitalismus ständig von staatlichen Interventionen ins Rechtsgefüge kündet, mit der das Gegeneinander der Konkurrenzgesellschaft standorttauglich geregelt wird. Nicht ein Zuviel oder Übergewicht des Staates ist hier das Unterscheidungsmerkmal, sondern es kommt drauf an, was dem Staat als für die jeweilige Lage, Standortfrage oder bzgl. der Betreuung der gegensätzlichen Klassen angemessene Eingriffstatbestände sich aufdrängt. So redet F. von einem „heraufgeschraubten Staatsanteil am Wirtschaftsgeschehen“ mit dem Hinweis auf die besonderen hoheitlichen „finanziellen Leistungen“ zur „Stabilisierung und Rettung bedeutsamer Unternehmen“: genau dies ist eine spezielle Umgangsweise hinsichtlich der Folgen der Eindämmungsmaßnahmen gegen die Ausbreitung eines Virus, dass nämlich die teilweise Stilllegung der nationalen und internationalen Standortaktivitäten Unternehmen bedrohe, die der Staat für unabdingbar hält für die Kontinuität seines kapitalistischen Bereicherungswesens.

Könnte einem kritisch auffallen, wie souverän Staaten wie die BRD massenhaft Geld als Schulden einsetzen, bedenkenlos dagegen, was dies u.U. für die ökonomische Geltungsmacht seines schnöden Mammons heißt, als Herren über ihr gesetzliches Zahlungsmittel ausgiebigst ihre Geldschöpfungsmöglichkeiten einsetzen, um angesichts eingerissener Krisenlage substantiellen Schaden von den Bereicherungsquellen von Wirtschaft und Nation abzuwenden, also ihre Gewalt und darüber ihre Befugnisse in Gelddingen einsetzen, die Geschäftstauglichkeit des Standorts zu sichern, damit die Unterordnung unter dessen Notwendigkeiten, Zwängen und allerlei ungemütlichen Gegensätzen in den Benutzungsverhältnisses zwischen Kapitaleignern und den Massen der Eigentumslosen perpetuiert, deren Status sich durch Überarbeit fürs Kapital und Armut auszeichnet, interessiert den Autor nicht etwas dieser politökonomische Gehalt der staatlichen Bewirtschaftung des deutschen Kapitalismus mit viel Kredit und deren Gemeinheiten, sondern ob dies als „Blaupause für die Zukunft“, für die „Transformation der Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität“ dienen könnte. Das eine ist von dem anderen erst mal sachlich geschieden: bei ersterem ist eine Sorte Krisenbewältigung am Werk; das andere bezeichnet das Aufmachen neuer Geschäftsfelder unter den Titel der Klimarettung. Dass Besondere an den Wiederaufbaufonds mag sein, dass hier was kombiniert wird: Zuschüsse und Kredite nicht einfach wegen der krisenbedingten wirtschaftlichen Verluste, sondern der Weg aus der Krise gleich als Konkurrenzoffensive, um mit neuen Technologien, Geschäftsmitteln sich gegen andere Wirtschaftsmächte abzusetzen, die für ihren wirtschaftsimperialistischen Vorsprung einzuspannen.