R e z e n s i o n zu:
Gerfried Tschinkel
Die Warenproduktion und ihr Ende
Verlag Papyrossa, 2017
T. schlägt einen Bogen von der Marxschen Werttheorie über das Obskure planmäßiger Ware-Geldbeziehungen im einstigen realen Sozialismus am Beispiel der ehemaligen DDR bis hin zur „sozialistischen Alternative“ einer Absage an sog. Marktsozialismus statt verflossenem Staatsozialismus mit „Warenbeziehungen": letzteres in Beantwortung auf neuzeitliche Protagonisten sozialistischer Marktwirtschaft, denn „mit der Überwindung der Ausbeutung, des Mehrwerts, muss auch der Wert fallen“ (S. 60)
Im Wissen darum, dass mit der Vergesellschaftung des Produktionsvermögens der Grundsatz der Geltung „unmittelbar gesellschaftlicher Arbeit“ greife, frage sich, „... was hindert die sozialistische Gesellschaft... eigentlich daran, den Wert aufzuheben?“ (S. 79) Es kommt, wie es kommen muss, wenn das Weiterwirtschaften mit Geld und Preisen unter den Bedingungen der Abschaffung des Privateigentums schlicht einer politischen Entscheidung zum alternativen Wirtschaften unter Staatsregie entspringt, weniger irgendwelchen theoretischen Erwägungen oder Abwägungen: so konstatiert T. als Begründung der Realsozialisten für das Nebeneinander von unmittelbarer Gesellschaftlichkeit der Arbeit und zugleich dazu im Widerspruch stehenden Fortbestand ihres wertbildenden Charakters, dass sich mit der Krücke beholfen wird, als gesellschaftlich geplante Arbeit unterwegs zu sein, aber hinsichtlich ihrer Verausgabung in den Betrieben noch nicht die entsprechende „Reife“ erlangt habe (S. 80). Kann das nicht ein wenig damit zu tun haben, dass mit der Planung auf Grundlage von Ware und Geld auseinanderdriftenden Interessenlagen von Planungseinheiten und Betrieben der Weg bereitet wird?
Die Offenlegung der Ungereimtheiten von sozialistischer Warenproduktion steht andererseits (scheinbar) im Kontrast zu anderen Aussagen: das Lob aufs Recht auf Arbeit und auf die vorbildliche SED-Sozialpolitik.
Recht auf Arbeit moniert an Arbeitslosigkeit ausgerechnet die Abwesenheit des Arbeitenkönnens (statt die damit einhergehende materielle Not), wo man meinen sollte, im Sozialismus ginge es um möglichst wenig und bequemes Arbeiten, um umfänglicher seinen Bedürfnissen nachgehen zu können. – Die Anpreisung der sozialistischen Sozialpolitik ist sehr verräterisch: dies Lob ist sehr nötig angesichts dessen, dass die Angehörigen des Arbeiter- und Bauernstaates mit der Eliminierung des Lohnarbeitsverhältnisses aus dem Status ‚systemischer‘ Armut offenbar nicht entlassen wurden.
Wenn T. für einen Sozialismus ohne Markt und Geld plädiert, damit, so sollte man meinen, der Fortexistenz von gesellschaftlichen Gegensätzen und damit auch derjenigen der Aufsichtsinstanz darüber der Boden entzogen sein würde, so steht scheinbar dagegen, wie er gleichwohl den Staat als zentrale Planungsinstitution vorsieht – dabei den Widersinn einer Macht „ohne Herrschaft“ (S. 94) das Wort redet. Mit dem Festhalten an einer gewaltmonopolistischen Instanz leben die Gegensätze derselben gegen die Massen fort, die nämlich nun exklusiv über Herbeischaffung, Verfügen und Verteilen eines Mehrprodukts entscheidet. Ganz geheuer ist T. eine Macht ohne Herrschaft nicht, der Gegensatz zu den Insassen des sozialistischen Gemeinwesens geläufig, wenn es heißt, der sozialistische Staat müsse immer um seine Anerkennung ringen (S. 94).
Im Übrigen sollte man drauf Acht geben, was dran ist, wenn bei T. die Geltung oder Nicht-Geltung des Wertgesetzes als Frage dessen aufkommt, ob und inwieweit die getätigte Arbeit sich direkt oder über einen „Umweg“ (dem Tausch) als gesellschaftlich Notwendige erweise. Denn die zentrale Aussage zum Wertgesetz ist erst einmal, dass mit der Inwertsetzung der Produktion einem ökonomischen Zweck gegen die Gebrauchsgestalten der Produkte gefolgt wird, bzw. letztere der Wert-/Geldschaffung untergeordnet werden. – Was im Kapitalismus als gesellschaftlicher Bedarf zu sichten ist, wo sich erst hinterher rausstellt, ob die Produzenten dem gerecht werden, ist Zahlungskraft zur Versilberung von Wert und Wertüberschuss – also nicht das Harmlose, dass sich unter Warenverhältnissen erst im Nachhinein erweise, ob die Ware ihren Abnehmer findet.