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Michael Lüders

Moral über alles?

2023


Lüders steht einerseits nicht abseits, wenn er die gängige Verurteilung des russischen „Angriffskrieges“ teilt und zwar im Namen des weltrechtsmoralischen Titels „Völkerrecht“, wo er eingangs noch von „Moral als Schwert der Unvernunft“ redet.

Er rechnet sodann den Herrschenden vor, wie es angehen könne, dass man einen anderen Staat in einer Weise zusetzt, dass Deutschland damit Inflation, „grassierende Staatsverschuldung“ und „fragile Energieversorgung“ sich ans Land ziehe. Man merkt übrigens an dessen Jargon, dass hier jemand gar nicht als Kritiker der westlichen Konfrontation gegen Russland auftritt, sondern das Zeitgeschehen durch eine alternative nationale Brille begutachtet: „Wohlstandsverlust“ bis zu drohender „Reindustrialisierung“ zeugen von einer falschen, nämlich nationalistischen Sorge um Deutschland. Bezüglich der westlichen Sanktionen wird gar nicht ernst genommen, wie hier einem anderen Staat ein Kampf zwecks dessen ökonomischer Ruinierung angetragen wird, sondern L. moniert deren Erfolgswirksamkeit; also, wenn sie tauglich sind für die Untergrabung russischer Macht, hätte L. wohl nichts gegen den Wirtschaftskrieg des Westens einzuwenden. Was Lüders als einzig senkrechtes „nationales Interesse“ geltend macht, wendet sich gegen einen „überragenden Moralismus“, das „Böse“ in Gestalt von Russland aus der Welt zu schaffen. Dieser von ihm gegeißelte Moralismus steht gar nicht quer zur sog. Realpolitik; dieser ist nichts als Rechtfertigungstitel, die Kampfansage gegen Russland in ein unwidersprechlich gutes Licht zu rücken. Noch nicht mal das entnimmt der L. dem Statement des Wirtschaftsministers Habeck, dass wenn es um eine grundsätzliche politische Auseinandersetzung, ein Kraftmessern auf der Ebene von Gewaltmonopolisten geht, dies einschließt, dass sich dem wirtschaftliche Berechnungen unterzuordnen haben, die nationalen ökonomischen Potenzen vielmehr als Kampfmittel gegen den als Feind geführten Staat eingesetzt werden, also auch wirtschaftliche Schäden hierzulande in Ordnung gehen würden, wenn nur wirkungsvoll genug dem Gegner seine materielle Basis zerstört werde. L. fasst nicht nur Moral und Politik verkehrt als einander Entgegenstehendes (das Land werde „auf dem Altar des Moralismus geopfert“): wo die herrsche Politik gerade die als unerträglich eingestufte Abhängigkeit vom russischen Gas und Öl sich vom Halse schafft, warnt L. vor neuen Abhängigkeiten v.a. von den USA. Der Warner bekennt sich ausdrücklich zu regelrechter nationalistischer Sorge, dass Deutschland nur noch eine „untergeordnete Rolle“ in der Welt spielen könnte.