R e z e n s i o n zu:
Michel Friedman
Schlaraffenland abgebrannt: Von der Angst vor einer neuen Zeit
Berlin Verlag, 2023
"Warum
wir unsere Angst überwinden müssen
Krieg, Klimakrise, Demokratieverdrossenheit: Die Zeit der
Sicherheit ist vorbei, die Wohlfühlgesellschaft, die sich
in den letzten 30 Jahren etabliert hat, ist Vergangenheit.
Angst, Irrationalität und Abwehr bestimmen einen Teil
unserer Debattenkultur. Viele Menschen haben nicht
ausreichend gelernt, mit Furcht umzugehen und
gesellschaftspolitische Krisen durch eine konstruktive
Streitkultur zu bewältigen. Das muss nun nachgeholt
werden. Wenn wir uns in diesem Jahrzehnt den Problemen
nicht aktiv stellen, könnten Deutschland und Europa zur
Bedeutungslosigkeit verkümmern."
M.
Friedman zählt "Krisen" wie Krieg und Klimakrise auf, wo
erst mal gar keine politischen Subjekte in Sicht sind, und
was die mit Krieg und Klimakrise zu schaffen haben. Ganz
unbestimmt werden letztere so gefasst, dass eine
"Sicherheit" vorbei sei, wo schon wieder untergeht, worin
die vor den Krisen bestanden haben soll. F. verbreitet das
Realitätsferne, gar nicht erst unterscheiden zu wollen,
wer welche Krisen verursacht und wer davon bloß ohnmächtig
betroffen ist - und behandelt eine ominöse Angst vor den
verloren gegangenen Sicherheiten als Frage "konstruktiver
Streitkultur". Als ob es für das ohnmächtige Fußvolk der
Staaten mit den ihm aufgedrückten materiellen Schäden z.B.
durch Kriegsbeteiligung seiner Herrschaft damit getan ist,
dass es mit der damit einhergehenden Furcht lernt
umzugehen.
Bezüglich der politisch Mächtigen wird denen einerseits
falsch attestiert, sie würden sich "Problemen nicht aktiv
stellen", die sie ihrem Volk bereiten, wenn sie
Kriegsansagen an eine veritable Großmacht mit exorbitanter
Aufrüstung untermauern und durchfechten und zugleich die
durch und durch staatstragende Sorge ventiliert wird, die
hohen Herrschaften könnten angesichts denen angedichteter
Inaktivität als Deutschland oder Europa an Bedeutung,
sprich: deutsche und europäische Machtfülle einbüßen.
Es ist also alles andere als eine objektive
Bestandsaufnahme der Krisenverursacher und der denen
Ausgelieferten. Wie Krieg und andere Krisen sich der
hoheitlichen Verfügung von staatlichen Gewaltapparaten und
deren Interessen verdanken, löst der Autor
wirklichkeitsfremd auf in das große „Wir“, das sich dem
stellen müsse – jeden Unterschied und Gegensatz zwischen
den weltpolitischen Subjekten und den ohnmächtig davon
Betroffenen auslöschend.
"Ein
engagiertes politisches Plädoyer, das Mut macht
In seiner augenöffnenden Gesellschaftsanalyse wirbt Friedman
für überlegtes und couragiertes Handeln. Ein Aufruf, die
akuten und zukünftigen Krisen mit Ernsthaftigkeit anzunehmen
und damit die Angst und Panik zu überwinden."
Es
ist eine grandiose Verharmlosung, unter Absehung davon, wer
warum, eben mit welchem Interesse irgendwelche Krisen
"auslöst" und wer davon nichts als negativ für diese Krisen
herzuhalten hat, als Manövriermasse von Staaten bei
Austragen ihrer Gegensätze verheizt werden, sich den Krisen
mittels "couragiertem Handeln." zu stellen.
"Wir müssen uns unseren Realitäten stellen. Das haben wir seit Jahrzehnten nicht getan. Klimakatastrophe, Seuchengefahr, sozialpolitische und geostrategische Verwerfungen - all das ist uns lange bekannt, doch es war uns lästig. Lieber haben wir die Risse übersehen oder übertüncht. So lange, dass wir heute nicht mehr wissen, was man mit Rissen macht. Wir sind planlos. Nicht krisenfest. Unentschlossen. Das ist gefährlich."
Wenn man einmal beiseite
lässt, dass der Autor auf Teufel komm raus sämtliche
politische Unterschiede zwischen „oben“ und „unten“ in
herrschaftlich organisierten Gesellschaften in dem
erfundenen „wir“ untergehen lässt, so ist es bezogen auf die
wirklichen Macher des politischen Gemeinwesens hanebüchener
Unsinn, die würden sich durch „Unentschlossenheit“
auszeichnen angesichts von „Klimakatastrophe“,
„Seuchengefahr“ und „geostrategischen Verwerfungen. Die
Tatkräftigkeit der politischen Herren unter dem Titel
„Klimarettung“ ist zwar weniger ein Dienst am Klima,
allerdings hängen sie daran eine Offensive anderer Art:
national und international die Märkte geschäftlich erobern
mit neuen Energietechniken. – In der Pandemie haben sie
energisch alles dafür getan, das eine Seuche so gemanagt
wird, dass möglichst wenig die kapitalistischen
Standortaktivitäten, also das A und O des bürgerlichen
Wirtschafts- und Staatsladens, das geldliche
Bereicherungsregime unter Benutzung und Verarmung von
Millionen eigentumsloser Arbeitsleute davon beeinträchtigt
werden/wird. – Und was die „geostrategischen Verwerfungen“
betrifft, so tut ein Friedman erst mal so, als gäbe es die
ohne Zutun der staatsgewaltigen Herrschaften; wenn man die
von mal von dieser abstrakten Ebene herunterholt und das
Kriegsgeschehen ins Visier nimmt, das ein Russland wegen
Beeinträchtigung seiner „Sicherheitsinteressen“ durch dessen
militärische Einkreisung von Seiten der westlichen
Nato-Staaten und die Ausrichtung der Ukraine als
Nato-Bollwerk unmittelbar an den russischen Grenzen
losgetreten hat, so sind die westlichen Schutzpatrone des
Anti-Russsenstaates Ukraine alles andere als untätig: aus
der kriegerischen Geltendmachung russischer
Sicherheitsbelange hat der imperialistische Westen einen
satten Gegenkrieg sowohl militärischer Art über stets
eskalierende Waffenlieferungen an ihren ukrainischen
Schützling als auch wirtschaftlicher Art über ein stets
verschärftes Sanktionsregime zur Niederringung einer atomar
bewaffneten Großmacht inszeniert.
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