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B u c h - R e z e n s i o n  zu:

Maja Göpel

Unsere Welt neu denken

Verlag Ullstein
, 2020

 
Buchbewerbungstext:

 Unsere Welt steht an einem Kipp-Punkt, und wir spüren es. Einerseits geht es uns so gut wie nie, andererseits zeigen sich Verwerfungen, Zerstörung und Krise, wohin wir sehen. Ob Umwelt oder Gesellschaft  – scheinbar gleichzeitig sind unsere Systeme unter Stress geraten. Wir ahnen: So wie es ist, wird und kann es nicht bleiben. Wie finden wir zu einer Lebensweise, die das Wohlergehen des Planeten mit dem der Menschheit versöhnt?...

Schon der Ausgangspunkt der „Einladung“ (‚die Welt neu zu denken‘) ist ein grundverkehrter: der Weltgegensatz nimmer satter Menschheit mit ihrem „Wachstumswahn“ und der Endlichkeit der irdischen Ressourcen oder dem „Wohlergehen des Planeten“. Dies ist die gekonnte Erschlagung all der wirklichen Gegensätze und Ungemütlichkeiten der bürgerlichen Welt, die auch ohne polit-ökonomisches Studium derselben mit Händen zu greifen sind: der fundamentale Widerstreit zwischen Lohnarbeit und Kapital - ein ökonomisches Dienstverhältnis, wo die erstere mit ihrer Kostengünstigkeit und Leistungserzwingung Quelle der Vermehrung des letzteren ist; Notiz könnte man auch nehmen davon, wie sich die reelle Welt in lauter kapitalistische Nationen scheidet, die gegeneinander um die geldlichen Reichtümer des Globus ringen, dafür hochgerüstet allerlei Erpressungsgewalt in Anschlag bringen.

Was da an „Zerstörungen“ und „Krise“ diagnostiziert wird, ist nichts, was sich aus der korrekten Kennzeichnung der Prinzipien bürgerlicher Produktions- oder Wirtschaftsweise herleitet, sondern fehlerhaft als Ausfluss des Vergreifens von Geld, Kapital und deren Agenten, womöglich gleich der ganzen Menschheit an einem eingebildeten vernunftbegabten Wirtschaften hingestellt, welches man an diese heranträgt als weltökonomisches Gebot von wegen Rettung des Planeten.

Das Dogma von der Unersättlichkeit der kapitalistischen Subjekte – worunter gleichermaßen die Herrschenden wie die denen Unterworfenen subsumiert werden – und deswegen unerträgliche Rücksichtslosigkeit gegen Mutter Erde und dass deswegen ausgerechnet schonender Umgang mit der Natur rauskommen soll, geht daran vorbei, wie das Kapital im wirklichen marktwirtschaftlichen Leben auf Vermehrung seines Geldreichtums aus ist und dafür Mensch und Natur verheizt bzw. genutzt werden (letztere nicht nur als Rohstofflieferant, sondern in Form von kapitalproduktivsteigernde Technologien), nämlich als kostenzuträgliche, leistungsauspressende wie –erhöhende, also profitförderliche Mittel eingesetzt werden.

Rettung des Planeten, eine Sorte Gleichgewicht zwischen Menschheit und Erdball ergibt sich als Quintessenz aus letzterem garantiert nicht. Im ökologisch-idealistischen Sinne kann solche Sorge um den Globus gut damit leben, dass Ausbeutung und Armut wie Elend der Untergebutterten mit Fortbestehen des Kapitalverhältnisses ihren Gang gehen – aber Zufriedenheit der Umweltaktivisten einkehrt, wenn das weltweit ausgreifende Ausbeutungsgeschäft unter irgendwelche Regeln des Maßvollen, Renerativen oder Ähnliches zu händeln ginge. Was da als Kreislaufwirtschaft*) und so’n Zeug vorstellig gemacht wird, ist längst als Geschäftssphäre entdeckt – aber eben wie alles im Kapitalismus dann und nur dann interessant, wenn als lohnendes Metier für die Geldvermehrung tauglich. Und nicht nur das:

Schonung der Ressourcen auf kapitalistisch gibt es zwar nicht als Zweck der Geldhaie, aber industrielle Erzeugung der Grundstoffe der Kapitalakkumuliererei wie Energie: dies ist auch längst als Gewinnquelle unterwegs – und zwar auch unter einem (wirtschafts-)imperialistischen Imperativ, sich von der Verfügung fremder Souveräne über Bodenschätze, also auch von deren Erpressbarkeit damit unabhängig zu machen und nicht zuletzt Energie und anderes zu unschlagbaren Preisen auf den Markt zu werfen, inklusive: die technische Ausrüstung für renerativ Hergestelltes und dieses selbst zum erstklassigen Verkaufsschlager für aller Herren Länder herzurichten.

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*)Was da als Gegenmodell beworben wird, die Göpelsche renerative Kreislaufwirtschaft fußt auf wenig Ahnung vom Kapitalismus, wenn dieser als „Förderbandsystem“ gegeißelt wird:

Das besagte Förderband zeichne sich dadurch aus,

„das (es) nur noch in eine Richtung läuft. Vorne wird abgebaut, dann verbraucht, und hinten entsteht Müll, der für niemanden Nahrung ist.“


Genau dies ist ein völlig verkehrtes Bild, wie Kapitalwirtschaft geht: Abbau, Verbrauch und dann Müll – wo man zudem meinen sollte, hinten kommt außer Müll vielleicht auch noch Gebrauchsfähiges raus. Die Vermeidung von Müll, dessen Wiederverwendung soll das A und O, der Witz „regenerativer Kreislaufwirtschaft“ sein – wo es auch noch ein bisschen drauf ankommt, welcher Müll sich wozu umgewandelt noch gebrauchen lässt. Egal: Was in kapitalistische Produktion reingeht, möglichst billiges Material und vor allem billige Arbeit und deren intensive und extensive Ausquetschung zum Zwecke der Erzielung eines geldlichen Überschusses, diese Hauptsache an bürgerlicher Produktionsweise ist da belanglos, wo es darum geht, sich Kapitalwirtschaft als originellen Kreislauf einzubilden und einzufordern.